Von unten nach oben

Seit letztem Jahr holen wir Püppis Grundausbildung nach und wenn ich dabei von „Jungpferdeausbildung“ spreche, passt das ganz genau, denn es ist letztendlich nichts anderes. Der einzige Unterschied ist das tatsächliche Alter, denn das lässt sich nicht leugnen. Püppi ist eine 15-jährige Westfalenstute, die seit jungen Jahren an Julianes Seite ist. Leider haben in der ganzen Zeit immer irgendwelche Lebenslagen eine durchgehende Lernphase für beide erschwert, sodass sie zwar schön ausreiten konnten, an richtige Dressurarbeit aber nicht zu denken war.

 

Zu allererst fiel auf, dass die Stute in jeder Gangart abwärts lief, und das nicht vorwärts-abwärts, sondern abwärts-abwärts. Leider hilft ihr Körperbau durch die leicht überbaute Kruppe und den tiefen Halsansatz so gar nicht, da es sie noch vorhandlastiger machte, als sie durch die mangelnde Ausbildung schon war. Dieser Abwärtsdrang war so stark, dass sie sich mit sehr großer physischer Kraft auf die Zügel legte und höhere Gangarten erst einmal unmöglich waren. Somit starteten wir mit Schritt und der richtigen Halshaltung, die nicht einen Zentimeter unter dem Buggelenk sein durfte. Die Devise war: Aufwärts, aufwärts, aufwärts! Das Arret, also das Anheben der Zügel, war dabei wichtig und es dauerte lange, bis sie einen ordentlichen, ausbalancierten Schritt gehen konnte. Die riesen Aufgabe für Juliane war natürlich, auch alles auszubalancieren und alle anderen Ansprüche an das Pferd hinten anzustellen. Nachdem der Schritt in guter Selbsthaltung klappte, kam der Trab, sowie Stellung und Biegung dazu. An diesem Punk hatten wir schon eine Menge geschafft.

Nun ist Püppi aber leider nicht der Pferdecharakter, der sagt: „Bor super! Schwere Sachen finde ich richtig toll, das können wir jeden Tag machen!“ Das haben wir spätestens beim nächsten Schritt, nämlich den Seitengängen, zu spüren bekommen, denn ihr Körperbau macht eine Lastaufnahme der Hinterhand sehr schwer.

 

Um sie nicht zu überfordern und behutsam anzufangen, starteten wir mit ganz einfachem Schenkelweichen an der Hand, klassisch auf Trense. Erst danach ging es zurück in den Sattel und das war… spannend. Ich war immer sehr froh, als wir die Übung auf vier Beinen und mit wenigstens zwei Schritten seitwärts erfolgreich beendeten und ich muss ehrlich zugeben: Das hat uns allen viele Nerven, Mut und Schweiß gekostet. Es hat viele Übungen und Wiederholungen gedauert, mehr als bei anderen Pferden, bis Püppi sich überzeugen ließ, dass Seitengänge gar nicht so doof sind.

 

Nun, nach einem Jahr Arbeit, reiten die beiden ein schönes, flüssiges Schulterherein, sogar verschoben durch die Diagonale und jedes Mal freue ich mich sehr, weil es nicht nur toll aussieht, sondern auch richtig wertvoll ist. Der Galopp ist derweil unser neues Ziel, denn mit großer Geschwindigkeit ist es sehr schwer, beide Schultern anzuheben und nicht mit Vollgas in den Boden zu laufen. Aber auch das wird irgendwann funktionieren.