Unsere 7jährige Welsh B Stunte Linchen (Springs Stars Spirit x Breeton Dai) kam zu uns, weil ich nach einer Stute mit Fremdblut für die Zucht und Zwischengröße in unserer Ponyschule suchte. Die Problematiken und Verkaufsgründe wurde mir von den Verkäufern sehr ehrlich und fair beschrieben, was heutzutage leider eine Seltenheit ist.
Die bisherige Zuchtstute war in vielen Situationen ihres alltäglichen Lebens fest und angespannt. Wie „ferngesteuert“ schoss sie an der Longe los und sah überall Gespenster. Das Reiten war nur mit Vollgas oder gar nicht möglich und das änderte sich auch nicht, obwohl die kleine Reiterin überaus sattelfest war und versuchte, das Pony zu beruhigen.
Sie hatte ein schönes zu Hause auf einer Ferienanlage und es gab Unterstützung von Reitlehrern und Miteinstellern. Doch das Verhalten überforderte die erfahrenen Pferdeleute und es war natürlich sehr schade und für das Mädchen auch schwer zu verstehen, warum diese Situation so war, wie sie war.
Aus unseren 10 Jahren Erfahrung in Pferdeausbildung, Reiterausbildung und Zucht kann ich mit Überzeugung sagen, dass diese Kombi ganz sicher hätte klappen können, weil alle Parameter sehr gut zusammen passten. Aber es gibt eben immer mal wieder das EINE Welsh Pony, das anders ist.
Zunächst hatte das Pferd bislang nicht gelernt, mit Stress und Anforderungen umzugehen. Es fehlten Regeln, die Arbeitssicherheit für den Menschen gewährleisten und dem Pferd Sicherheit und Ruhe geben. Zudem fehlte Gymnastik, um das Pferd „entspannbar“ zu machen, was körperlich überhaupt nicht möglich war.
Für uns Pferdetrainer ist das alltägliche Arbeit. Aber welcher Freizeitreiter ist auf diese Situation entsprechend vorbereitet und weiß, was zu tun ist?
Die Hemmschwelle, diesen süßen „Zuckerponys“ klare Grenzen zu setzen, ihr Fehlverhalten nicht zu dulden, sie sofort und immer wieder gleichbleibend zu korrigieren, ist sehr hoch. Es benötigt zudem perfektes Timing, selbst in einer schwierigen Situation, die vielen kleinen Momente zu sehen, in denen sofort gelobt werden muss.
Es setzt außerdem den Erfahrungsschatz voraus, dass man die Angst eines Pferdes durchleben muss, um ihm eine bessere und ruhige Lösung zu bieren. So kann das Pferd lernen, dass es nicht „flüchten“ muss, sondern sich beim Menschen entspannen kann.
Unser Ausbildungsweg startete nach dem Kauf im März, als wir mit Bodenarbeit, Handarbeit und Longe und Doppellonge begonnen haben.
Die Plane war ein sehr wichtiger Teil in der Desensibilisierung der Stute, da sie im Wind auch unvorhergesehene Bewegungen und Geräusche macht, die wir damit üben konnten. Alle vorherigen Übungen wurden mit der „reitenden Plane“ übernommen, was eine große Herausfordernd darstellte, für die Sicherheit des Reiters aber unerlässlich war.
Erst dann ging es mit der Reitergewöhnung weiter, die wir absolut kleinschrittig aufbauen mussten, weil selbst ein Streicheln zu einer Explosion führte.
Es bedurfte vieler Wiederholungen und jede Einheit war auch der Tagesform geschuldet unterschiedlich gut und schlecht. Dennoch gab es hier immer das Endziel einer Runde in Entspannung mit einer guten Erfahrung.
Heute, nach 8 Monaten Ausbildung, kann sich die Stute auch an wechselnde und kleine Reiterinnen gewöhnen und in der Situation die Nerven behalten. Über den Winter muss dies nun weiterhin gefestigt und gefördert werden, ehe es nächstes Jahr mit der Grundausbildung und dem Galopp weiter geht.